Rezension

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Am 19.März 2016 hat Papst Franziskus in der Kirche einen wahren Quantensprung gesetzt und sein Nachsynodales Apostolisches Schreiben „Amoris Laetitia“ („Freude der Liebe“) unterzeichnet. Unter anderem eröffnet der Papst darin die Einzelfalllösung des Sakramentenempfanges für Wiederverheiratete Geschiedene im „forum internum“, zu der die Autorin Irene Heise die theoretische und praktische Pionierarbeit im deutschsprachigen Raum initiiert und als Brückenbauerin zwischen Amtskirche und Betroffenen über mehr als ein Vierteljahrhundert weitgehend eigenverantwortlich geleistet hat. So konnte es gelingen, dass alle (!) deutschsprachigen Bischöfe das Abschlusspapier der römischen Bischofssynoden 2014 und 2015 zum Thema Ehe und Familie unterzeichnet haben. Jenes Abschlusspapier hat dem Papst dann als Grundlage für sein Apostolisches Schreiben „Amoris Laetitia“ gedient, das er schlussendlich mit entsprechenden Fußnoten versehen konnte.

Von diesem überaus „steinigen Weg“ Heises berichtet dieses Buch, gestützt auf penibel genau dokumentierte Entwicklungen und Fakten mit autobiografischem Hintergrund, auf die Analysen, wissenschaftlichen Ansätze, Modelle und Methoden der Autorin, welche zum Teil schon lange vor „Amoris Laetitia“ in die Praxis umgesetzt worden waren.

Leben und Wirken der Autorin bedeuten einen permanenten Balanceakt einer „gehorsamen“ Tochter der Kirche, die unerschrocken daran gearbeitet hat, zum Wohle der Kirche Brücken zu schlagen, weit über ihre Heimat Österreich und den deutschen Sprachraum hinaus bis in den Vatikan. Im Arbeitsprozess der Bischofssynoden mit einem ihrer Werke in Rom präsent, hat die Autorin einen maßgeblichen Grundstein gelegt zu einer völligen Neubesinnung zu einem barmherzigeren, differenzierten Umgang mit Katholikinnen und Katholiken nach Ehescheidunng bzw. Wiederverheiratung in der Kirche, um sie „vom Rand ins Herz der Kirche“ zu rücken.

Aus ihrem reichen Dokumentationsarchiv schöpfend, gibt die Autorin bereitwillig Auskunft über ihre langjährigen, oft noch von viel Berührungsangst vor dem „Wespennest“ Scheidung und Wiederverheiratung getragenen Kontakte zu Diözesen und Bischöfen, zu Pfarren und katholischen Bildungseinrichtungen im ganzen deutschen Sprachraum und bis in den Vatikan seit 1989, samt positiven und negativen Reaktionen als „Blütenlese“.

Das Buch transportiert drei Hauptanliegen:

  1. Ausführlich dokumentiert die Autorin ihre Initiativen in der Erzdiözese Wien, beginnend mit der „Plattform WIE-GE“ (später „WIGE“), ihr „Kompetenzforum AUFATMEN für Scheidung und Wiederverheiratung in der Kirche“ samt Workshops mit Betroffenen, ihre Paartherapie „Standardtanz im Dienst des Glaubens“, gemeinsam mit ihrem Mann Dieter Heise als professionelles Showtanzpaar „Standard Stars“, und die Gründung „Spirituell-theologisches Zentrum Katharina von Siena“, beheimatet am Pastoralamt der Erzdiözese Wien, als sie erfahren hatte, dass die Lehre der Kirchenlehrerin und Europapatronin Katharina von Siena für eine Lösung der Sakramentenfrage für wiederverheiratete Geschiedene bahnbrechend sein müsste.
  2. Daneben kommt die beharrliche konstruktive, theologische und sozialwissenschaftliche Arbeit der Autorin zur Sprache, die Vorbehalte kirchlicher Verlage, das Thema Scheidung und Wiederverheiratung in der Kirche anzupacken, und die Dokumentation der Wiederaufnahme ihres eigenen, vorerst gescheiterten Annullierungsverfahrens, bis endlich eine zweite kirchliche Eheschließung möglich wurde und eine Familie gegründet werden konnte. In einem eigenen Kapitel werden unter Einbeziehung von Aufzeichnungen ihres damals zwölfjährigen Sohnes die oft dramatischen Folgen ihrer Arbeit im Interesse der Geschiedenen und Wiederverheirateten Geschiedenen für ihre Familie präsent.
  3. Darüber hinaus entwirft die Autorin gleich eingangs und unter freimütiger Heranziehung ihrer eigenen Lebensgeschichte ein bewegendes, exemplarisches Bild einer Katholikin, die, trotz praktizierten Glaubenslebens, ein Scheitern ihrer Ehe erleben muss. Durch Erziehung und Schulbildung auf „Wohlverhalten“ getrimmt, entsprechen spätere Beziehungswirren in vielen Fällen weder Lüsternheit noch Boshaftigkeit, sondern einfach dem Bedürfnis nach Angenommensein und Geborgenheit - vor allem, wenn diese in der Herkunftsfamilie zu wenig erfahren wurden und Druck aufgebaut wird. Auftretende (Beziehungs-)Probleme werden daher fehl- oder kurzschlüssig gedeutet, was eine gewisse Zwangsläufigkeit und unselige Kettenreaktionen zur Folge haben kann und eine Fehlentscheidung die andere ablöst. So wird eine grundsätzliche Schwierigkeit erkennbar, gute und christliche Grundsätze durchgehend zu verwirklichen. Man gerät - teils durch Grenzen eigener Möglichkeiten, teils durch das Tun anderer, Unvorhergesehenes und Grenzen des faktisch Möglichen - häufig in Konflikte, die in Sackgassen münden. Es gibt unverschuldetes Scheitern, das Gott zulässt wie Leid und Krankheit, und das nicht „rein aufgeht“.
Mit Quellen-, Publikations- und Projekteverzeichnis, Verzeichnis der Präsenzen der Autorin an Universitäten und Hochschulen sowie Namensregister über 400 Personen. Ausführlich dokumentiert aus Tagebüchern, Briefen, Rezensionen, Publikationen, Veröffentlichungen und mit zahlreichen (Farb-)Fotos. Übersichtlich gegliedert, lebendig aufbereitet und gut verständlich präsentiert.

Kompetent, subtil und mit gesundem Menschenverstand hat die Wiener Autorin mit dieser sehr vielschichtigen, mutigen und grundlegenden Arbeit ein bahnbrechendes Werk mit weltkirchlicher Bedeutung geschaffen. Eine unentbehrliche Grundlagenliteratur zum Nachsynodalen Apostolischen Schreiben „Amoris Laetitia“ mit ausführlichen Anregungen für Theologie, pastorale Praxis und Kirchenrecht!


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